Die Musik des Bildes        Von Marion Stuckstätte
Bilder rauschen an einem vorbei, Wasser, Insekten, Blüten, Steine und Blätter. Bilder gleiten über die Leinwand, die Seitenwände, umziehen den Raum. Nehmen ihn ein. Natur. Naturschauspiel. Realitätsforschung. Und Klang. Der Klang der Natur. Was die Fotos und Videos von Jürgen Hille zeigen, findet sich in der Welt und in der Erft-Landschaft von Neuss.
Und doch hat man es so noch nie gesehen. Der Medienkünstler eröffnet eine faszinierende Sicht auf die Elemente der Erde, auf das Zusammenspiel der Details und auf Alltägliches. Man könnte es selber sehen: den Stein, der sich mit einer Wasserschicht umhüllt, als sei er in Glas gefasst oder den entwurzelten Baumstamm, den die Natur zerklüftete, dessen spitzte Holzabspreizungen sich wie Sägezähne gen Himmel strecken. Genauso wie den Lichtkegel auf gewölbter Wasseroberfläche, der sich darstellt, als würde eine Lampe vom Grund nach oben leuchten. Es ist Realität. So war es vor Ort, so hat der Künstler es gefunden. Aber das, was er erfasst, ist keine Ablichtung von Naturwundern. Es ist der besondere Moment, der besondere Blick, der außergewöhnliche Ausschnitt, durch den er das Bild zur Kunst erhebt.
Nichts ist einfach da, alles ist Komposition, wenngleich ohne Eingriff. Jürgen Hilles Bilder sind voller Ruhe und Poesie, selbst wenn sie die Kraft der Natur im reißenden Erftstrom erfassen. Sein Auge weist dem Betrachter einen eigentümlichen Weg, die Einzigartigkeit seiner Fundstücke und deren Anordnungen zu erkennen. Doch bleibt die Betrachtung nicht am Detail, nicht am Kieselstein aus Grimlinghausen, nicht an der Wasserblase der Erft hängen.
Vielmehr zieht sich der Blick vom Einzelnen auf zur Größe der Welt. Ein kleines Stück als Teil des Ganzen. Die Realität, die in abstrakte Sphären verweist...
...Neue Wirklichkeit aus dokumentarischen Ansätzen
Mit dem Umzug nach Neuss ging die Erkundung hiesiger Landschaft einher. Seither ist er ständiger Gast des Erft-Areals zwischen dem Wiesenwehr in Gnadental und der Rheinmündung in Grimlinghausen. Die Bilder und Videos des noch in der Entwicklung befindlichen Erft-Projekts sammelt er in seinem Internetblog http://juergenhille.blogspot.de, das als virtuelles Archiv seiner Wahrnehmung stetig wächst. Zurzeit befinden sich 6776 Bild- und Videoarbeiten in diesem Kanal, der an manchen Tagen von bis zu 500 Usern kontaktiert wird.
Aus dieser Arbeit konnten, dank der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss, im Dezember 2012 erstmals 10 großformatige Fotografien im Romaneum zur Ausstellung gebracht werden.
Am 6.April nun zeigt Hille im Pauline Sels-Saal des gleichen Hauses eine erste Video-Installation zum Erft-Projekt.
Seine Kunst ist, die Dinge neu zu beleben. Aus dokumentarischen Ansätzen baut sich neue Wirklichkeit. Es ist wie ein Spiel mit Wahrnehmung, Bildern und Betrachtungsperspektiven.
Mögen die Standbilder gar in ihrer Ruhe und Tiefe wie Meditationspole wirken, so gegensätzlich quirlig, dynamisch, auch hektisch fügen sich gleiche Naturausüge in einzelnen Videosequenzen zusammen. Rasante Schnitte, harte Brüche und der Bewegung gegenläufige Kameraführungen koppeln sich an Stillstand und unberührte Natur. Eigenwillige Lebendigkeit entsteht. Eine, die über der der Naturereignisse liegt. Unbedingt anschauen!
10 Fotografien aus dem ERFT-PROJEKT von Jürgen Hille, (C-Prints, 60 x 90 cm, Aufl.5 Ex., 2010-12), ROMANEUM Neuss, Brückstr.1   2.12.2012 - 27.2.2013 Mo.-Fr. 8-22 Uhr Sa./So. 8.15-18 Uhr Gefördert durch die Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss. Die hier, zum ersten Mal, präsentierten Fotografien, zeigen einen kleinen Ausschnitt aus der seit 6 Jahren dauernden Beobachtung des Erftlaufs zwischen Gnadental und der Rheinmündung in Grimlinghausen. http://nebenfluss.blogspot.de     www.juergenhille.de